
Wow, wow, wow...
Auch nach einer Woche bin ich immer noch völlig überwältigt von diesem Event und vor allem auch von meiner Leistung - nie im Leben hätte ich mit so einer Endzeit gerechnet! Geträumt vielleicht,
dass es knapp unter 13 Stunden bleibt aber wirklich realistisch schien mir das nicht nach der Langdistanz letztes Jahr in Klagenfurt mit 14:24:22 bei welcher schon alles ziemlich gut
verlief. Es ist so ein langer Tag an dem so viel passieren kann und man so viele Entscheidungen treffen muss, welche zu "hopp oder top" führen können.
Im Grunde fing das Ganze ja schon mit der Entscheidung an, mich überhaupt noch einmal für eine Langdistanz anzumelden. Aber da das Schicksal im Juni 2023 entschieden hatte, dass ich nun einen der begehrten Startplätze bekam, wurde der Traum "einmal im Leben DATEV Challenge Roth" wieder zum Leben erweckt.
Danach galt es, diesen langen (Trainings-)Weg bis zum Tag X zu planen, zu organisieren und immer wieder neu anzupassen. Ich habe wirklich viel dem Sport untergeordnet, auf vieles verzichtet und viel Zeit und Geld investiert. Der (All-)Tag und die Wochen waren straff durchgetaktet, um alles unter einen Hut zu bekommen und jede Verletzung, Krankheit oder Infekt hätten den Traum platzen lassen können.
Und dann ist sie "plötzlich" da die Rennwoche. Am Donnerstagmorgen des 04. Juli fuhr ich um 6 Uhr in Flims los und befand mich gegen 10:30 auf dem noch eher ruhigen Zielgelände mit der gigantischen Expo. Es ist einfach unglaublich, was da in Perfektion jedes Jahr auf die Beine gestellt wird!
Nach der Registrierung, Abholung der Startunterlagen und Mittagessen bin ich ein wenig durch das Städtchen Roth spaziert - überall waren noch Aufbauarbeiten im Gange und Banner, Schilder und Fahnen wiesen auf den Grossanlass hin.
Zurück am Auto ging es nach Hilpoltstein ins Hotel "Zum Schwarzen Ross", wo mein "schwarzes Ross" und ich für die nächsten 4 Nächte untergebracht waren. Nachdem das ganze Material im Zimmer im 2ten Stock war, ging es auch hier noch zu einem kleinen Stadtrundgang mit abschliessendem Kaffee&Kuchen-Stopp.
Der Freitagmorgen begann mit einem herrlichen Sonnenaufgang über den Dächern Hilpoltsteins. Nach dem Frühstück hiess es Schwimmsachen packen und den 1.5km langen Weg zum Main-Donau-Kanal unter die Füsse nehmen. Dort angekommen war sowohl im Wasser als auch am Ufer ziemlich viel los und man konnte so langsam erahnen, wie es am Sonntag zugehen wird. Da das Wasser über 21 Grad warm war, bin ich kurz für 30 Minuten ohne Neo im Badeanzug geschwommen - für mich war die Orientierung im Wasser bzw. die Orientierungspunkte an Land wichtig und nicht das Schwimmen selber. Danach ging es noch durch die riesige Wechselzone 1 und die Suche nach meinem Platz für Wechselbeutel und Fahrrad.
Wieder im Hotel kurzer Snack zwischen die Zähne und auf zur Radstreckenbesichtigung:
Hilpoltstein-Eckersmühlen-Wallesau-Laffenau-Heideck-Selingstadt-Alfershausen-Stetten. Dort hab ich mich entschieden nicht nach rechts Richtung Thalmässing abzubiegen sondern die Strecke etwas abzukürzen und direkt links nach Eysölden zu fahren. Von dort wieder auf die Originalstrecke nach Pyras über den Kränzleinsberg zurück nach Hilpoltstein und den weltberühmten Solarer Berg hoch.
Darauf folgte ein Kaffee&Kuchen-Stopp, duschen, Powernap und Abendessen.
Am Samstagmorgen habe ich es gemütlich genommen und nach dem Frühstück meinen blauen Laufbeutel mit allen in Frage kommenden Sachen gepackt - bis auf Schnee war ich auf alles vorbereitet. Noch einmal die Beine hochlegen, Wettervorhersagen zum 1000x checken und dann mit Rennrad im Auto ab nach Roth zur Wettkampfbesprechung in der Zielarena. Dort erhielten wir in der brütenden Mittagshitze die letzten Infos zum morgigen Rennen vom Chef Felix und von Andrea.
Da ich mich am Wettkampftag alleine organisieren musste, blieb das Auto über Nacht in Roth und ich bin die ca. 12km von Roth nach Hilpoltstein mit dem Rennrad zurück. Im Hotel gab es dann erstmal einen Mittagssnack und ein Mittagsschläfchen. Gut ausgeruht ging es gegen 15:30 mit Triathlonrad, Helm und blauem Laufbeutel zur Wechselzone 1 zum Check-In. Nachdem alles abgegeben war, das Rad mit Helm an seinem Platz stand und ich wieder auf dem Rückweg war kam der zu erwartende Wolkenbruch und mit ihm die Sorge um das Fahrrad bzw. die elektrische Schaltung - eigentlich sollten die Räder das ja aushalten können aber trotzdem bleibt da jedes Mal ein gewisser Unsicherheitsfaktor...
Nach einer warmen Dusche im Hotel war "kochen" des Pre-Wettkampf-Abendessens angesagt: Spaghetti aus dem Wasserkocher mit Tomaten, Avocado und Sonnenblumenkernen und zum Dessert Schokokekse die noch übrig waren. Danach widmete ich mich einmal mehr der Wettervorhersage und dem roten Wechselbeutel mit den Radsachen. Ich entschied mich, die neu gekauften Überzieher für die Radschuhe zu benutzen, da Temperaturen zwischen 16 und 18 Grad vorhergesagt waren. Ausserdem ein Langarm-Shirt und eine Weste - lieber warm haben als frieren!
Dann war da noch die Verpflegungs-Strategie: 1 MNSTRY-Riegel in 6 Stücke geschnitten, 7 Datteln und 6 Powerbar-Gummibärchen. Der Plan war, zusätzlich zu den flüssigen Kohlenhydraten im Trinksystem, alle 10 Kilometer eins dieser Dinge zu essen. Ausserdem noch 2 Not-Gels im Trikot. Mit diesem Kleider- und Ernährungs-Plan ging ich ins Bett und wachte völlig ausgeruht erst am Sonntagmorgen mit dem Klingeln des Weckers um 4:04 wieder auf.
Die Morgenroutine mit waschen, Zähne putzen, Triathlon-Trikot anziehen, Trinkflaschen parat machen, WetterApp checken und nebenher frühstücken klappte sehr gut. Mit einem Coffee-to-Go-Becher in der Hand ging es um 5:05 gemütlich zum Schwimmstart in die Wechselzone 1. Zuerst wurde das Fahrrad und die elektrische Schaltung kontrolliert, dann der Luftdruck der Reifen und schliesslich wurde die ganze Verpflegung am Rad untergebracht. Erst als ich sicher war, dass mit dem Rad alles in Ordnung war, habe ich den roten Wechselbeutel mit den Radsachen an seinem Platz beim Schwimmausstieg deponiert. Auf Grund meiner späten Startgruppe hatte ich so noch gut 2 Stunden Zeit, die Stimmung in der Wechselzone und am Schwimmstart mit TV-Live-Übertagung auf mich wirken zu lassen und konnte den Profistart der Männer und Frauen hautnah miterleben.
Und dann viel für mich um 8:10 der Startschuss und der Traum "einmal im Leben DATEV Challenge Roth" wurde zur Realität. Ich bin ganz gut weggekommen und konnte anfangs vom Wasserschatten
profitieren. Doch lange ging es nicht, bis ich in die langsamen "Chaos-Schwimmer" der früheren Startgruppen reingeschwommen bin. Ich konnte zwar die ganze Zeit einen guten Rhythmus halten, musste
mich aber sehr viel häufiger als sonst orientieren, um den langsamen Schwimmern auszuweichen. Darum hatte ich beim Schwimmausstieg nach 3,8km nicht so ein gutes Gefühl was die Zeit anging - egal,
der Tag war ja noch lang...
Im Wechselzelt war für mich klar, dass ich definitiv die Radüberschuhe, das Langarm-Shirt und die Weste anziehe, da es mittlerweile zu regnen angefangen hatte. Dann auf zum Rad, Helm auf und los
durch die aufgeweichte matschige Wiese zur Mountline (Radaufstieg).
Die 2 Runden liefen einfach wie geschmiert und sowohl die Kleiderwahl als auch die Verpflegungsstrategie waren perfekt und auf den Punkt für die 180km abgestimmt. Der Regen tat der Stimmung
absolut keinen Abbruch und in Heideck, am Kalvarienberg und Kränzleinsberg herrschte Festtagsstimmung. Natürlich gab es am Solarer Berg den Gänsehautmoment pur - auch wenn leider nicht mehr ganz
so viele Leute da waren, da die Profis fast alle schon durch waren. Immerhin war ich noch für einen kurzen Moment im Livestream des BR24 zu sehen, als Anne Haug mich kurz vor Greding überholt
hat.
Ohne irgendeinen Anhaltspunkt über die Uhrzeit, bin ich gut gelaunt und mit noch recht lockeren Beinen vom Rad gestiegen und hab mir meinen Wechselbeutel mit den Laufsachen geben lassen. Die gute Laune verabschiedete sich dann aber für einen kurzen Moment im Wechselzelt, als ich mein "Helferlein" nach der Uhrzeit fragte und sie sagte "Viertel nach". Nach meiner vorher aufgestellten Berechnung war für mich klar, dass es somit 16:15 sein musste und ich meinem Zeitplan 15 Minuten hinterherhinke. Als sie aber meinte "nee nee, Viertel nach DREI", bin ich ihr erstmal vor Freude um den Hals gefallen und konnte es kaum glauben, wurde aber von meiner Uhr im Wechselbeutel bestätigt - einfach unglaublich!
Somit ging ich völlig euphorisch auf die Marathonstrecke.
Mein Ehrgeiz war geweckt und ich wollte mir diese super Zeit nun nicht durch "rumtrödeln und rumquatschen" auf der Laufstrecke kaputt machen. Darum war der Plan: wenn gehen, dann zügiger PowerWalk und alle 15-20 Minuten etwas von meinen Gels - plus Wasser, Cola und Wassermelone an den Verpflegungsstellen. Bis ungefähr KM 13 liefe es richtig gut, dann wurde es auf diesem endlosen Schotterweg am Kanal entlang mental einfach richtig hart. Auf der eigenen Seite und auf der Gegenseite sah man die Schilder mit den jeweiligen Kilometerangaben und der Wendepunkt kam und kam nicht und liess auf sich warten. Ab KM 21 dann wieder ein Motivationsschub für die nächsten 5km - die Hälfte war geschafft, ich war auf dem Rückweg am Kanal und ich wusste, hier komme ich nie wieder vorbei. Danach wechselten sich auf 10 Kilometern Lauf- und PowerWalk-Phasen in regelmässigen Abständen ab - mal lief es völlig gut und dann wieder richtig schlecht. Aber beim Blick auf die Uhr sah ich, dass ich gut in der Zeit lag und als ich bei KM 35 in Büchenbach oben war wusste ich, dass nun der Zeitpunkt da war, um meine zurückgehaltenen Reserven für die "letzten 5 Kilometer" zu mobilisieren (ich bin nicht sicher, ob sich andere auch selbst belügen aber für den Kopf sind 40km einfach besser - die letzten 2 Kilometer vor dem Ziel laufen sich ja dann eigentlich fast von alleine).
Und dann kommt DER Zeitpunkt, den man sich so oft vorgestellt hat, auf den man so lange hingefiebert und hintrainiert hat, wo man in diese gigantische Zielarena mit all den Zuschauern einläuft, alles vergisst und einfach versucht den Moment und die Emotionen zu geniessen und aufzusaugen.
Nach einer ausgiebigen Dusche und nach Pasta, belegten Brötchen und Gemüsebrühe ging es dann in die Zielarena zur Finishline-Party. Die Stimmung und die Laser-Pyro-Show waren einfach der Wahnsinn und der perfekte Abschluss für diesen einmaligen und unvergesslichen Tag!
Eigentlich realisiere ich jetzt erst so langsam, was ich da wirklich geleistet habe und wie nahe manchmal Wunsch und Realität liegen können, wenn nur das Mindset stimmt und das Sternzeichen
mit dem Schwarzwälder Dickkopf zusammenarbeitet😂.
Ich hab mir den Traum "einmal im Leben DATEV Challenge Roth" auf jeden Fall zu mehr als 100% erfüllt!
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Simi (Montag, 15 Juli 2024 14:40)
Bravo liebe Carmen!
Einfach fantastisch wie du auf dein Ziel hingearbeitet hast und dies mit so einer Lockerheit. Geniesse den Erfolg und dass dein Lächeln nimmer auf deinem Gesicht verschwindet :-)
Denise (Mittwoch, 17 Juli 2024 11:47)
wow!!! - herzliche Gratulation für diese absolute Spitzenleistung. Ich bin sowas von stolz auf dich :)